Menschliches, Allzumenschliches

Professor Dr. Michael Trede liest

05.11.08

Vogelstang: Professor Dr. Michael Trede liest bei den Kurpfälzer Tagen aus seiner "ungehaltenen Predigt"

Menschliches, Allzumenschliches

Von unserer Mitarbeiterin Christina Altmann

Er versteht es nicht nur, feinsinnig das OP-Messer einzusetzen, auch der Schreibstift geht ihm virtuos von der Hand: Mannheims langjähriger Leiter der Chirurgischen Universitätsklinik, Professor Dr. Michael Trede, hat sich bereits seit Jahren die Verlage und Buchhandlungen erobert. In seiner Autobiografie "Der Rückkehrer" zieht er Bilanz über ein schicksalhaftes Leben, mit der Niederschrift ungezwungener Essays "plaudert" er aus seinem Alltag. Und wenn der Beruf den gebürtigen Hamburger auch erst spät nach Heidelberg und Mannheim führte, so fühlt er sich doch der Kurpfalz verbunden. Den besten Beweis dafür gab seine Lesung im Rahmen der "Kurpfälzer Tage".

Literatur und Kammermusik

Eine Lesung, ein Konzert - so haben sich die "Kurpfälzer Tage", die seit über zwölf Jahren gemeinsam von der Stadtbücherei, dem Gemeinnützigen Bürgerverein und dem Trägerverein Bürgersaal veranstaltet werden, eingespielt. Mit einem Autor aus der Region und einem Konzert des Kurpfälzischen Kammerorchesters hat sich diese kulturelle Veranstaltungsreihe im Stadtteil ihre Qualität bewahrt, und Bürgervereinssprecher Peter Ratzel kann stets einen großen Kreis von Besuchern begrüßen.

Auch dieses Mal waren in der Stadtteilbücherei zahlreiche Gäste versammelt, um all jenen Betrachtungen und Essays zu lauschen, die der ehemalige Chefchirurg Trede in den letzten Jahren seines Ruhestandes niedergeschrieben hat. Alle seien sie wahr, setzte der Autor voran, um dann aber bescheiden einzuräumen: "Zugegeben, einiges wurde verfremdet", Namen verändert (zur Schonung noch lebender Zeitgenossen), und manchmal sei die Phantasie mit ihm durchgegangen. Das eben ist künstlerische Freiheit, die sich das Multitalent Trede auch im Titelbild dieses Buches nimmt: Seine düstere Beleuchtungsstudie "Der Tod und das Mädchen" lässt so gar nichts von dem berückenden gleichnamigen Streichquartett Schuberts erahnen und ist auch sonst nicht bezeichnend für die größtenteils heiteren Geschichten, die er an diesem Kurpfälzer Abend preisgab.

Eigentlich waren es eher kleine Missgeschicke, von denen der Autor so wortgewandt und mit viel Selbstironie berichtete: Da wird die "Macht" einer Biotonne angesprochen, die seit vier Wochen vor sich hinstinkt, weil der Abholtermin verpasst wurde, und die einen allseits bekannten Feudenheimer im Pyjama hinter dem Müllwagen hertreibt. In einem anderen Fall bringt ein Hustenanfall fatale Folgen mit sich: ein Theaterstück wird jäh unterbrochen und Spekulationen über Regieschachzüge treten ebenso auf, wie eine verlorene Wette.

Schmerzhafte Selbsterkenntnis

Schließlich endet eine Einladung nach Wien in schmerzhafter Selbsterkenntnis: Herr Professor soll einen Fachvortrag zu einem Thema halten, das angesichts des menschenleeren Auditoriums Niemanden interessiert. All diese Pannen trägt Trede mit Fassung, sucht eher die Schuld bei sich. In einem Fall schimpft er sich einen ausgedienten Clown, und auf die Frage hin, warum er denn eine Autobiografie schreibt, bekommt er Skrupel oder gar Zweifel. Es spricht für die Menschlichkeit dieses großartigen Mediziners und kunstsinnigen Geistes, dass er - nicht allein durch seine Bücher - so freimütig einen Teil seiner selbst der Öffentlichkeit preisgibt. Die Besucher seiner Lesung bestätigten das mit langem Applaus.

Der Erzählband von Michael Trede,
Eine ungehaltene Predigt und andere Essays,
ist erschienen im Verlag Waldkirch, 123 Seiten,
Preis: 18,60 Euro.

Mannheimer Morgen
5. November 2008



   

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