Buchvorstellung: Brigitte Endres, Die geheimnisvollen Handschriften

Schott Music GmbH 2009    9,95€

Bei diesem Jugendbuch handelt es sich um den zweiten Band einer ansprechenden Jugend-Krimi-Reihe. In einem Internat mit Schwerpunkt Musikunterricht  sind drei Jungen – Amadeus, Fliege und Igel – und zwei Mädchen – Cosi und Malu - seit ihrem ersten gemeinsamen Abenteuer zu Freunden geworden. An der Schule steht ein großes Ereignis bevor, ein ehemaliger Schüler hat der Schule eine wertvolle Handschriftensammlung vermacht. Außerdem hat die Schule einen neuen Kunstlehrer bekommen, einen sympathischen jüngeren Mann, der sich besonders auf Kalligraphie versteht, aber nicht nur das, er ist auch ein geschickter Zauberer und zieht unbemerkt Radiergummis aus Jackentaschen und Stifte aus Mäppchen. Es stellt sich heraus, dass die Erben des Stifters überhaupt nicht mit der Schenkung einverstanden sind und mit Klage drohen.

Da das Internat in einer Burg untergebracht ist, gibt es natürlich auch einen Geheimgang. Dort entdeckt einer der drei Freunde eines Nachmittags eine verdächtige Gestalt. Er spricht den Fremden an, der schnellstens verschwindet. Die beiden anderen Freunde, die – verbotenerweise übrigens – im Internet surfen, finden einen merkwürdigen Eintrag auf der Homepage eines Auktionshauses. Die Originalhandschrift von Mozart aus der Schenkung wurde vor zwei Tagen versteigert und eine weitere Handschrift von Brahms wird zur Versteigerung angeboten. Da die beiden Jungen heimlich den Laptop benutzen, können sie weder einen Lehrer noch den Kurator der Sammlung zu Rate ziehen und beginnen auf eigene Faust zu ermitteln. Den Anfang machen die beiden Mädchen, die als externe Schülerinnen zur Vorbesichtigung der Exponate nach Frankfurt fahren können. Dort ist jedoch die Handschrift noch nicht zu besichtigen.  

Cosi zuckte mit den Schultern, ging aber dennoch zielstrebig auf den Mann zu. »Entschuldigen Sie bitte.« »Ja?« Der Angestellte blickte Cosi und Malu, die ihrer Freundin gefolgt war, über den Brillenrand hinweg an. »Wir haben da mal eine Frage«, begann Cosi. »Im Internet haben wir gelesen, dass eine Brahms-Hand­schrift angeboten wird.«

»Genau genommen eine, die Brahms unter dem Namen Karl Würth veröffentlicht hat«, ergänzte Malu. »Frühlings-Serenade.«

»Und?«

»Die würden wir uns gern mal ansehen«, erklärte Cosi. »Aber wir finden sie nicht.«

Der Mann schob die Brille Richtung Nasenwurzel. »Die könnt ihr auch gar nicht finden. Sie ist nämlich noch nicht da.«

»Ach«, sagte Cosi enttäuscht. Sie überlegte einen Moment. Dann nahm sie ihren ganzen Mut zusammen. »Sie kann auch gar nicht hier sein, sie gehört nämlich in die Günzel-Sammlung auf Burg Treuenfels.«

Gespannt blickte sie den Mann an. Wie würde er re­agieren?

Der Angestellte hob die Augenbrauen. »Unsinn«, sagte er, hörbar ungehalten. »Das Stück ist noch nicht da, weil es eben einer Expertise unterzogen wird. Wir übernehmen grundsätzlich nur auf Echtheit überprüfte Autographen.«

In den Köpfen der Mädchen ratterte es. Wie konnte das sein?

 

»Wo kommt die Handschrift dann her?«, erkundigte sich Malu schließlich.

»Sie stammt von einem Privatsammler, der ungenannt bleiben will. Er lässt die Stücke - es sind einige - von einem Antiquariat an uns übermitteln, einem Händler, mit dem wir schon seit Jahren zusammenarbeiten. Ihr müsst euch also keine Gedanken machen, dass damit etwas faul sein könnte.« Ein blasiertes Lächeln um­spielte seine schmalen Lippen. »Da habt ihr leider ganz umsonst Detektiv gespielt. Und was in dieser - äh, Ginzel-Sammlung zu sehen ist, ist gewiss nicht das Ori­ginal. Das wird nämlich nächste Woche in unserem Hause versteigert.«

Cosi wurde rot. Was bildete sich dieser aufgeblasene Kerl eigentlich ein?

Malu warf verschnupft den Kopf in den Nacken. Mit einem unterkühlten »Danke« zog sie ihre Freundin weg.

»Idiot«, schnaubte Cosi. »Wofür hält der uns?«

»Für zwei dumme Gänse, die Detektiv spielen«, sagte Malu. »Das war ja nicht misszuverstehen. Und das Schlimmste - ich fürchte, er hat auch noch recht.«

Nachdenklich verließen sie die Ausstellungsräume. Auf der Treppe blieb Cosi plötzlich stehen. »Und trotz­dem ist was faul. Entweder die hier haben das Original oder es liegt bei uns auf Ireuenfels.«

»Oder es gibt zwei mit demselben Namen«, wandte Malu ein.

Cosi schüttelte energisch den Kopf.“ ( Seite 77/78)

 Da das Auktionshaus seinen sehr guten Namen nicht aufs Spiel setzen will, werden alle Angebote zunächst überprüft.

Als  die beiden Mädchen am Abend wieder im Zug saßen, stand für sie fest: die Autographen, die das Auktionshaus verkaufte, mussten Originale sein. Doch das ließ nur einen Schluss zu ...“ ( Seite 80)

 

Einige Tage später gibt es in dem Museum einen Alarm, den die Polizei aber als Fehlalarm abtut, obwohl mehrere Jungen zwei Männer bei dem Geheimgang gesehen haben. Die drei Jungen stellen kurz darauf über das Internet fest, dass die zweite Handschrift auch verkauft wurde und dass nun die dritte Handschrift zur Versteigerung angeboten wird. Ein Zufall hilft weiter. Eines der Mädchen geht mit ihren Eltern in die Dorfgaststätte und erkennt dort ihren Kunstlehrer, der mit einem anderen Gast spricht.

Es war ein muskulöser Mann mit breiten Schultern, einem derben Gesicht, eisblauen Augen und hellblond gefärbten Stoppelhaaren. ..... Irgendwie gefiel ihr dieser Fremde nicht, er hatte etwas Brutales an sich, eine irgendwie unangenehme Ausstrahlung.“ ( Seite 94)

 

Und damit richtet sich nicht nur der Verdacht der jungen Detektive, sondern auch der des Lesers gegen den Kunstlehrer, obwohl weder die Protagonisten noch die Leser dies wahr haben möchten. Herr Ambach ist ein sympathischer Mann. Die fünf Schüler entschließen sich, ihren Kunstlehrer zu überwachen. Die Mädchen können mit Hilfe eines Tricks seine kleine Lehrerwohnung betreten und sehen, dass Ambach offensichtlich an großen Blättern arbeitet. Und ein paar Tage später beobachten sie, wie der muskulöse Fremde zu Herrn Ambach geht. Sie belauschen das Gespräch und hören, dass der Kunstlehrer erpresst wird. Und dann überschlagen sie die Ereignisse – die Jungen radeln ins Dorf zu dem Gasthof, wo der Fremde wohnt und wollen ihn dort festhalten, die Mädchen wenden sich an ihre Deutschlehrerin, die mit dem Kunstlehrer offenbar eine Liebesgeschichte begonnen hat, worüber die ganze Schule klatscht. Die Deutschlehrerin überredet den Kunstlehrer sich zu stellen, während die Jungen versuchen, den bewaffneten Gauner, der bereits im Besitz der kostbaren Handschrift ist, aufzuhalten. Sie werden jedoch von dem Verbrecher gefesselt und geknebelt und brauchen eine Weile, bis sie sich bemerkbar machen können und die Polizei informiert wird. Es gibt ein Happyend – nur nicht für die Deutschlehrerin.

So kam es, dass Malu am Wochenende darauf einen zweiten Zeitungsausschnitt an die Wand im alten Boots­haus piekte. Diesmal ohne Foto, aber immerhin waren sie mit vollen Namen erwähnt.

»Mann, wie oft haben wir die Geschichte jetzt schon erzählen müssen?«, fragte sie.

»Tausendmal bestimmt«, brummte Fliege. »Die Kurzbeiner haben mir ein Loch in den Bauch gefragt.« »Ich find's cool, dass wir in der Zeitung stehen.« Igel feixte. »Am coolsten find ich, dass Dennis und sein Schatten seither keine einzige Unverschämtheit losge­lassen haben - obwohl ich ihnen zweimal allein über den Weg gelaufen bin.«

»Leute, kommt mal auf den Boden zurück!«, bremste sie Amadeus. »Die Sache hätte auch verdammt schief­gehen können. Und sehr cool fand ich es offen gestan­den nicht, verschnürt wie eine Paketsendung, mit - ihr wisst schon was - zwischen den Zähnen in einem muffi­gen Badezimmer zu hocken. Und was wäre gewesen, wenn der blonde Hohlkopf losgeballert hätte?«

»Wir haben auch diesmal wieder verdammt viel Glück gehabt«, sagte Cosi. »Da hat Amadeus völlig recht.« Die anderen schwiegen.

Malu ging einen Schritt zurück und betrachtete die Wand. »Wenn ihr mich fragt - da passt noch was hin ...«“ ( Seite 143)

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